Zeiterfassung oder Arbeitszeiterfassung bzw. Arbeitszeitaufzeichnung oder Zeitaufzeichnung ist der Prozess der Arbeitszeitprotokollierung (mindestens Beginn und Ende) sowie weitere Arbeitszeitdaten mittels verschiedener Methoden. Das Zeiterfassungssystem ermöglicht die minutengenaue Erfassung der Arbeits- oder Projektstunden für die Daten der Entgeltabrechnung. Weitere erfasste Arbeitszeitdaten umfassen z. B. die Anwesenheit, Fehlzeiten, Mehrarbeit, Plus- und Minusstunden, Pausenzeiten, Weiterbildungszeiten, Urlaubs- und Resturlaubszeiten.
Möglichkeiten der Zeiterfassung:
Die Arbeits- oder Projektstunden können auf verschiedenste Arten erfasst werden. Beispielsweise über Stundenzettel, Exceltabellen, webbasierte oder mobile Softwarelösungen, Hardwarelösungen oder per Fingerabdruck. Hierbei hat jedes System seine eigenen Vor- und Nachteile, die bei der Auswahl neben den Kosten berücksichtigt werden müssen.
1. Stundenzettel
Die älteste Form der Arbeitszeiterfassung sind Stundenzettel. Die Arbeits-, Pausen- und Fehlzeiten werden auf einem Vordruck vom Unternehmen eigenständig per Hand vom Mitarbeiter eingetragen und fristgerecht beim Arbeitgeber/ der Personalabteilung eingereicht. Die Printversion wurde teilweise durch digitale Exceltabellen abgelöst.
Vorteile:
- Einfache Handhabung
- Kostengünstig, keine weitere Soft- oder Hardware nötig
- Gut geeignet für Außendienstmitarbeiter, Baustellen, Projektarbeit und Aushilfskräfte
- Vorteil bei Vertrauensarbeitszeit
Nachteile:
- Hoher Arbeits- und Zeitaufwand (ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber)
- Die Printversion ist nicht nachhaltig und kann schnell verloren gehen
- Es können beliebige Werte eingetragen werden und somit ist es anfällig für Falscheingaben
2. Hardwarelösung/ Elektronische Zeiterfassung
Festinstallierte Hardwareterminals nutzen eine elektronische Zeiterfassung, bei der sich die Mitarbeiter täglich über ein Erfassungsmedium selbst ein- und auschecken. Ein Erfassungsmedium kann z.B. eine Magnet-/ Chipkarte oder ein Transponder/ gechipter Schlüsselanhänger sein. Die Daten werden über eine Software automatisch in einer Datenbank abgelegt und können jederzeit aufgerufen werden. Früher wurde hierfür eine Stechuhr verwendet.
Vorteile:
- Automatische Arbeitszeitenerfassung, die weniger fehleranfällig ist
- Wartungsarm
- Mitarbeiter können jederzeit ihre geleisteten Arbeitszeiten einsehen (Transparenz)
- Weniger Verwaltungs- und Zeitaufwand für die Unternehmen
- Kann mit einer Zugangskontrolle kombiniert werden
Nachteile:
- Mitarbeiter im Außendienst, Home-Office oder auf Dienstreise können dieses Prinzip nicht nutzen
- Hohe Kosten: Anschaffungskosten für das Hardwareterminal, Lizenzgebühren für die Zeiterfassungssoftware, Erfassungsmedium
- Verlust der Erfassungsmedien
3. Fingerabdruck
Die Zeiterfassung per Fingerabdruck wird auch als biometrische Zeiterfassung bezeichnet, weil der unverwechselbare Fingerabdruck zur Identifikation der Mitarbeiter verwendet wird. Jeder Mitarbeiter checkt sich selbst über einen Fingerabdruckscanner ein und aus. Die Daten werden direkt seinem Profil in der Zeiterfassungssoftware zugeordnet.
Vorteile:
- Automatische Arbeitszeitenerfassung, die weniger fehleranfällig ist
- Missbrauch durch eindeutige Identifikation ausgeschlossen
- Kein Erfassungsmedium nötig, demnach auch keine Verluste und keine Wiederbeschaffungskosten
- Mitarbeiter können jederzeit ihre geleisteten Arbeitszeiten einsehen (Transparenz)
- Geringerer Aufwand: Mitarbeiter müssen nichts mitnehmen, Unternehmen muss keine Erfassungsmedien kaufen
- Kann mit einer Zugangskontrolle kombiniert werden
Nachteile:
- Mitarbeiter im Außendienst, Home-Office oder auf Dienstreise können dieses Prinzip nicht nutzen
- Hohe Kosten: Scanner, Lizenzgebühr
- Gestörte Funktionalität, z.B. bei Verschmutzung oder Anlaufen, weswegen er im Gebäude stehen muss
4. Webbasierte oder mobile Softwarelösungen
Bei einer mobilen Lösung dienen portable Geräte der Übermittlung der Arbeitszeiten an die Zeiterfassungssoftware, wo sie direkt gespeichert werden. Dies können bspw. Smartphones, Tablets oder Barcodescanner sein. Bei webbasierten oder mobilen Lösungen gibt es immer eine zentral installierte Zeiterfassungssoftware, bei welcher sich die Mitarbeiter über den eigenen PC oder über eine App anmelden.
Vorteile:
- Sehr gut geeignet für Mitarbeiter im Außendienst, Home-Office oder auf Geschäftsreisen
- Alle Mitarbeiter können jederzeit ihre geleisteten Arbeitszeiten einsehen
- Weniger Verwaltungs- und Zeitaufwand für die Unternehmen
- Geringere Kosten, da bereits genutzte Endgeräte verwendet werden können und zudem keine Hardwareterminals angeschafft werden müssen
- Automatische Arbeitszeitenerfassung, die weniger fehleranfällig ist
- Viele Systeme verfügen inzwischen auch über Erweiterungen, sodass bspw. Urlaubsanträge eingereicht und genehmigt werden können, dies erspart den Verwaltungsmitarbeitern weitere Arbeit und Zeit
Nachteile:
- Jeder Mitarbeiter muss über ein eigenes Eingabegerät verfügen
Welches System für ein Unternehmen die beste Lösung ist, ist sehr individuell und sollte je nach Umständen entschieden werden. Hier spielt sowohl die Branche als auch das Arbeitszeitmodell, die Unternehmensgröße und die Struktur eine entscheidende Rolle.
Vor- und Nachteile für ArbeitnehmerInnen:
Vorteile
1. Fairness: Überstunden werden erfasst und ausgeglichen, sodass die MitarbeiterInnen eine Kompensation für ihre Mehrarbeit erhalten. Dies führt zu einer größeren Bereitschaft, Überstunden zu leisten und zu Gerechtigkeit innerhalb des Unternehmens. Zusätzlich verhindert es Missstimmungen, weil MitarbeiterInnen nicht das Gefühl haben, aufgrund des Arbeitsumfangs benachteiligt zu sein.
2. Transparenz: Schneller Einblick in geleistete Über- oder Minusstunden sowie Resturlaub. Dies führt bei den ArbeitnehmerInnen auch zu einer besseren Planungsmöglichkeit.
3. Verbesserungen: Je nach System und Auswertung ist eine Verbesserung von Organisationsstrukturen und Arbeitsprozessen möglich, wodurch die Arbeitsbelastung und Effizienz optimiert werden können.
Nachteile
1. Vertrauensverlust: Mitarbeiter können sich kontrolliert und überwacht fühlen, woraus ein Vertrauensverlust und schlimmsten Falls auch negative Stimmungen und Motivationsverlust, die sich negativ auf das Betriebsklima auswirken, resultieren.
2. Zeitfokus: Die Zeiterfassung kann dazu führen, dass ArbeitnehmerInnen nicht mehr ergebnisorientiert arbeiten, sondern nur noch die festgelegten Arbeitszeiten erfüllen. Hierdurch kann sich die Leistung und somit die Performance verschlechtern.
Vor- und Nachteile für Arbeitgeber:
Vorteile
1. Softwarelösung: Arbeitserleichterung in der (Entgelt-)Abrechnung durch automatische Berechnung der Arbeitszeiten und Überstunden. Dies ermöglicht zudem einen direkten Überblick über Fehlzeiten und Auslastung.
2. Vereinfachte Lohnbuchabrechnung: Möglichkeit der tätigkeits- und projektbezogenen Zurechnung von Arbeitszeiten
3. Einsparung von Personalkosten und Reduzierung des Verwaltungsaufwands
4. Transparenz: Einfache Kontrolle und Verwaltung von Abwesenheiten und Urlaub
5. Optimierungen: Je nach System und Auswertung ist eine Verbesserung von Organisationsstrukturen, Arbeitsprozessen und Einsatzplanungen anhand der Daten möglich. Durch die erweiterten Kontrollmöglichkeiten sind u.a. Überstunden, Urlaubszeiten, Leerlauf und Hochphasen direkt sichtbar. Dies führt zu effizienteren Personalplanungen und Kosteneinsparungen.
6. Weitere Möglichkeiten der Auswertung: z.B. Berechnungen zur Produktivität oder ähnlichen Kennzahlen
7. Erfüllung gesetzlicher Vorgaben: Arbeitgeber können dem Gesetzgeber die Einhaltung der Arbeits- und Pausenzeiten und somit auch des Arbeitsgesetzes problemlos nachweisen.
Nachteile
1. Vertrauensverlust: Mitarbeiter können sich kontrolliert fühlen, wodurch ein Vertrauensverlust sowie schlechtere Stimmung entstehen kann.
2. Angriffsmöglichkeit: Durch die Datenerfassung können sich Arbeitgeber schnell in Sachen Datenschutz angreifbar machen. Demnach sollten nur die notwendigen Daten zum Zweck der Zeiterfassung protokolliert und weitere anonymisiert werden.
3. Digitale Lösungen: Es entstehen höhere Kosten durch den Softwareeinsatz.
4. Zeitorientierung: Zeiterfassung kann dazu führen, dass ArbeitnehmerInnen vorwiegend nach der Zeit arbeiten und nicht nach Produktivität. Acht Stunden zu arbeiten bedeutet nicht immer, die komplette Zeit produktiv zu sein, sodass daraus eine schlechtere Unternehmensperformance resultieren kann.
5. Kostenanstieg: Ggf. erhöhte Personalkosten, da viele Mitarbeiter in der Vertrauensarbeitszeit (ohne Zeiterfassung) nicht alle Überstunden notieren, sondern erst ab einem gewissen Maß.
Gesetzeslage:
Die Arbeitsstunden müssen nach § 26 AZG Aufzeichnungs- und Auskunftspflicht vom Arbeitgeber aufgezeichnet werden, um die Einhaltung der im Arbeitsgesetz geregelten Angelegenheiten zu überprüfen. Diese Aufzeichnungspflicht gilt für alle Betriebe und umfasst die tägliche Arbeitszeit, alle Pausen sowie den Anfangs- und Endzeitpunkt. Die Form der Zeiterfassung ist freigestellt. Die Aufzeichnung kann bei Gleitzeit oder Außendiensttätigkeiten auch von ArbeitnehmerInnen getätigt werden. Eine Aufzeichnung darf entfallen, wenn ArbeitnehmerInnen einer durchgängig festgelegten Arbeitszeiteinteilung unterliegen. In diesem Fall müssen nur Abweichungen notiert werden und der Arbeitgeber muss lediglich die Einhaltung der Arbeitszeiteinteilung bestätigen.
Quellen:
Personal-wissen.de: Arbeitszeiterfassung / Zeiterfassung Link
1&1 IONOS SE: Arbeitszeiterfassung – was ist zu beachten? Link
Wirtschaftskammer Österreich: Arbeitszeit: Aufzeichnungspflicht Link
Dieser Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Er dient unverbindlichen Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung im eigentlichen Sinne dar.