Bildungskarenz ist eine berufliche Auszeit für eine Weiterbildungsmaßnahme. Es ist Zeit, in der man sich weiterbilden kann, aber weiterhin angestellt ist und Einkommen erhält. Für die Dauer der Weiterbildung werden Arbeitnehmer von ihrer Arbeit freigestellt, ohne dass das Dienstverhältnis gekündigt wird. Es ist zu beachten, dass es keinen Rechtsanspruch auf Bildungskarenz gibt.
Inhaltsübersicht
- Voraussetzungen
- Arten der Weiterbildung
- Wie lange kann Bildungskarenz in Anspruch genommen werden
- Wechsel bzw. Kombination mit Bildungsteilzeit
- Gehalt und Weiterbildungsgeld
- Darf man zum Weiterbildungsgeld etwas dazuverdienen?
- Bekommt man Sonderzahlungen?
- Was passiert bei Unterbrechungen?
- Kann das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden?
- Versicherungsschutz
- Rückkehr in den Job
- Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
- Checkliste Bildungskarenz
Voraussetzungen
Grundsätzlich müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Der Arbeitnehmer muss in einem laufenden arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und es muss das Einverständnis durch den Arbeitgeber vorliegen, den Arbeitnehmer für die Dauer der Bildungskarenz freizustellen. Um eine Bildungskarenz erfolgreich zu beantragen, muss der Antragsteller bereits für mindestens sechs Monate beim selben Arbeitgeber angestellt sein. Es ist dabei unerheblich, für wie viele Stunden der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber angestellt ist. Entscheidend ist lediglich die Verdienstgrenze, die oberhalb der Grenze liegen muss, ab dem eine Arbeitslosenversicherung verpflichtend ist. Das bedeutet, die Geringfügigkeitsgrenze muss auf jeden Fall überschritten sein.
Auch Menschen, die einer saisonalen Tätigkeit nachgehen, können eine Bildungskarenz in Anspruch nehmen. Hierbei müssen keine sechs, sondern lediglich drei Monate ununterbrochene Tätigkeit beim Arbeitgeber nachgewiesen werden. Jedoch muss der Antragsteller innerhalb der letzten vier Jahre für insgesamt mindestens sechs Monate beim selben Arbeitgeber angestellt gewesen sein.
Darüber hinaus muss ein Bildungsnachweis in Form einer Bestätigung der Schulungseinrichtung über die Weiterbildung vorliegen. Relevant für eine Genehmigung ist das zeitliche Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme. Diese muss mindestens 20 Wochenstunden umfassen, um eine Freistellung vom Beruf zu rechtfertigen. Eltern von betreuungspflichtigen Kindern unter sieben Jahren müssen lediglich 16 wöchentliche Ausbildungsstunden nachweisen.
Arten der Weiterbildung
Die Bildungskarenz kann grundsätzlich für jegliche Aus- und Weiterbildungen mit beruflicher Relevanz, sowohl im In- als auch im Ausland, genutzt werden. Hierzu gehören beispielsweise neben fachlichen Schulungen auch Fremdsprachenkurse oder Schul- und Studienabschlüsse. Hier obliegt es allen Parteien, eine entsprechende Relevanz zum Job nachzuweisen. Weiterbildungsprogramme, die der Freizeitgestaltung dienen (z. B. das Erlernen einer Fremdsprache, die für den Beruf nicht relevant ist), sind als Bildungskarenz nicht genehmigungsfähig.
Zudem gibt es einige Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. So muss die Zeit der Bildungskarenz (Beginn und Ende) mit der der geplanten Ausbildung übereinstimmen. Nur in Einzelfällen kann eine Vorbereitungszeit von höchstens vier Wochen (bei einer einjährigen Bildungskarenz) bewilligt werden. Nicht beachtet werden müssen hingegen etwaige Ferien, die Teil vieler Weiterbildungsmaßnahmen sind (z. B. Semesterferien).
Wie lange kann Bildungskarenz in Anspruch genommen werden?
Die Mindestdauer für die Bildungskarenz beträgt zwei Monate. Innerhalb von vier Jahren kann ein Arbeitnehmer insgesamt bis zu zwölf Monate für die eigene Weiterbildung in Anspruch nehmen. Wenn man ein ganzes Jahr Bildungskarenz beantragt, kann man die folgenden drei Jahre keine weitere Bildungskarenz oder Bildungsteilzeit beanspruchen. Bildungskarenzen können auch aufgeteilt werden, wobei die Mindestdauer von zwei Monaten stets eingehalten werden muss. Zudem müssen die einzelnen Zeitfenster innerhalb von vier Jahren genommen werden.
Wechsel bzw. Kombination von Bildungskarenz und Bildungsteilzeit
Mit der Bestätigung des Arbeitsgebers kann innerhalb der vier Jahre bei demselben Unternehmen einmalig zwischen den beiden Modellen gewechselt werden. Da die Zeiten zusammengefasst werden, berechnet man hierbei für zwei Tage Bildungsteilzeit (Bildungsteilzeitgeld) einen Tag Bildungskarenz (Weiterbildungsgeld). Bei einer Kombination gilt folgendes: Wenn man bei der Bildungskarenz die maximal zulässige Dauer von zwölf Monaten nicht vollständig ausnutzt, kann Bildungsteilzeit im doppelten Ausmaß des noch verbleibenden Teils der Bildungskarenz beansprucht werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Bildungsteilzeit noch mindestens vier Monate dauern und innerhalb der maximal vorgegebenen vier Jahre verbraucht werden muss.
Vergütung und Sonderzahlungen:
Gehalt und Weiterbildungsgeld
Während der Bildungskarenz erhält ein Arbeitnehmer keinen Lohn. Werden jedoch alle Voraussetzungen erfüllt, erhält er/sie nach Antragstellung ein Weiterbildungsgeld vom Arbeitsmarktservice (AMS). Die Höhe richtet sich nach dem Arbeitslosengeld und beträgt mindestens aber 14,53€ täglich.
Voraussetzungen um Weiterbildungsgeld zu erhalten
Der Antragsteller muss mindestens sechs Monate durchgehend beim gleichen Arbeitgeber arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt sein. Demnach ist nicht das Stundenausmaß relevant, sondern der Verdienst. Dieser muss über der Geringfügigkeitsgrenze liegen.
Eine Ausnahme stellen Saisonbetriebe dar. Bei der Tätigkeit in einem Saisonbetrieb reicht bereits eine dreimonatige, ununterbrochene Beschäftigung, wenn man beim selben Arbeitgeber mindestens sechs Monate innerhalb der letzten vier Jahre angestellt gewesen ist. Seit März 2011 können auch freie Dienstnehmer Weiterbildungsgeld beantragen, wenn sie in Bildungskarenz gehen wollen.Der Antragsteller muss einen Anspruch auf Arbeitslosengeld beim AMS haben.
Es muss eine Bildungskarenzvereinbarung (nach § 11 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz - AVRAG - oder einer gleichartigen gesetzlichen Bestimmung) mit dem Arbeitgeber vorliegen.
- Der Antragsteller muss sein Weiterbildungsvorhaben erklären und die erforderlichen wöchentlichen Weiterbildungsstunden von mindestens 20 Wochenstunden (zum Beispiel anhand von Kursbestätigungen oder Zeugnissen/Zertifikaten der Schulungseinrichtung) belegen können. Bei Personen, die ein betreuungspflichtiges Kind unter sieben Jahren haben und keine längere Betreuungsmöglichkeit für das Kind besteht, reichen auch 16 Stunden pro Woche aus.
Der Bildungsnachweis für ein Studium muss nach jeweils einem Semester (sechs Monaten) erfolgen, um das Weiterbildungsgeld nach einem Semester weiter beziehen zu können:
- dafür wird ein Prüfungsnachweis über vier Semester-Wochenstunden benötigt
- oder einen Nachweis von acht ECTS-Punkten pro Semester
- oder eine Bestätigung über die Vorbereitung auf eine abschließende Prüfung
- oder eine Bestätigung, dass eine positive Bewertung der Abschlussarbeit aussteht
Ohne die geforderten Nachweise wird das Weiterbildungsgeld eingestellt und kann ggf. auch zurückgefordert werden.
Darf man zum Weiterbildungsgeld etwas dazuverdienen?
Ja, ein Nebenverdienst ist möglich, sofern man maximal einen Verdienst bis zur Geringfügigkeitsgrenze erhält. Die Arbeit kann sogar beim gleichen Arbeitgeber, bei welchem man in Bildungskarenz ist, getätigt werden. Sonderregelung für Einkünfte aufgrund einer Ausbildung: Hier darf das 1,5-fache der Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten werden.
Bekommt man Sonderzahlungen?
Nein, während der Bildungskarenz erhält man keine einmaligen Bezüge wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Der Urlaubsanspruch wird für die Zeit anteilig verkürzt.
Was passiert bei Unterbrechungen und wie sind Vor- und Nachbereitungszeiten geregelt?
Bei Unterbrechungen oder für Vor- und Nachbereitungszeiten erhält man nur unter bestimmten Voraussetzungen das Weiterbildungsgeld. Demnach sollte dies vorab mit dem/r persönlichen Betreuer/in vom AMS besprochen werden. Vor- und Nachbereitungszeiten können maximal je vier Wochen bei einer einjährigen Bildungskarenz bzw. je eine Woche bei einer kürzeren Bildungskarenz betragen.
Schutz und Arbeitsverhältnis
Kann das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden?
Ja, das Arbeitsverhältnis kann durch beide Parteien gekündigt werden
1) Kündigung durch den Arbeitgeber
Ja, man kann während der Bildungskarenz gekündigt werden, weil es keinen gesetzlichen Kündigungsschutz in dieser Zeit gibt. Hierbei wird zwar die Bildungskarenz beendet, aber bis zum Ende der Weiterbildungsmaßnahme besteht weiterhin der Anspruch auf das Weiterbildungsgeld. Eine Kündigung aufgrund der beabsichtigten oder genommenen Bildungskarenz darf nicht ausgesprochen werden (Motivkündigungsschutz).
2) Kündigung durch den Arbeitnehmer
Wenn man selbst die Kündigung ausspricht oder berechtigt entlassen wird (selbstverschuldet), endet ebenfalls der Anspruch auf Weiterbildungsgeld.
Wie ist der Versicherungsschutz während der Bildungskarenz?
In dieser Zeit ist man weiterhin kranken-, unfall- und pensionsversichert.
Rückkehr in den Job
Nach der Bildungskarenz haben ArbeitnehmerInnen grundsätzlich das Recht im gleichen Beschäftigungsausmaß und in dieselbe Position wie vor der Unterbrechung zurückzukehren. In speziellen Fällen kann auch eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses direkt nach der Bildungskarenz vorgenommen werden.
Vorteile für Arbeitnehmer
- Kein Arbeitsplatzverlust
- Gesichertes Einkommen während der Weiterbildung, wenn die Voraussetzungen für das Weiterbildungsgeld erfüllt sind (Weiterbildungsgeld + geringfügige Beschäftigung).
- Eine kostenlose Höherqualifizierung
- Weiterbildung im In- oder Ausland möglich
Vorteile für Arbeitgeber
- Das Unternehmen hat keinen Verlust des Mitarbeiters und der Arbeitsplatz bleibt erhalten.
- Der Arbeitgeber profitiert von einer höheren Qualifikation und erweiterten Kompetenzen des Mitarbeiters.
- Keine zu tätigenden Zahlungen, somit entstehen dem Unternehmen keine Kosten.
- Da der Urlaub anteilig verkürzt wird, steht der Mitarbeiter nach der Bildungskarenz in vollem Umfang zur Verfügung.
- Es werden Weiterbildungskosten eingespart.
- Wenn das Unternehmen eine Ersatzarbeitskraft benötigt, bekommt es Unterstützung vom AMS bei der Suche.
Checkliste Bildungskarenz
Eigene Planung: Im ersten Schritt sollte sich der Antragsteller genau überlegen, welche Weiterbildungsmaßnahme in der aktuellen beruflichen und privaten Situation besonders vorteilhaft ist. Zudem sollte erörtert werden, ob die Vorteile der Maßnahme eine Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit rechtfertigen und sich die Bildungskarenz mit den aktuellen Bedürfnissen und Lebensumständen vereinen lässt.
Kommunikation mit dem Arbeitgeber: Mit dem Arbeitgeber sollte sodann geklärt werden, ob eine Bildungskarenz möglich und sinnvoll ist. Schließlich fehlt die Arbeitskraft dem Unternehmen für eine längere Zeit. Argumentativ gilt es den Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass die beabsichtigte Weiterbildungsmaßnahme zur Steigerung der Fachkompetenz und somit der Leistungsfähigkeit des Unternehmens beiträgt.
- Recherche nach dem passenden Bildungsangebot: Im nächsten Schritt gilt es, das passende Weiterbildungsangebot zu finden. Dieses muss einerseits dem eigenen Bildungswunsch und andererseits den Voraussetzungen für eine Bildungskarenz entsprechen. Hierbei kann es sinnvoll sein, sich vorab bei der regionalen AMS-Geschäftsstelle zu informieren, ob die ausgewählte Weiterbildung gefördert werden kann und ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
- Vertragliche Angelegenheiten: Wurde ein passendes Angebot gefunden, sollte die Bildungskarenz schriftlich mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Hierzu stehen entsprechende Muster im Internet zur Verfügung.
- Antragstellung: Der Antrag auf Bildungskarenz wird beim österreichischen Arbeitsmarktservice (AMS) gestellt. Folgende Unterlagen werden hierfür gebraucht:
- Antragsformular für Bildungskarenz
- Bildungskarenz-Vereinbarung mit dem Arbeitgeber
- Anmeldebestätigung zur Weiterbildungsmaßnahme
- Meldezettel
- Sozialversicherungskarte
- evtl. Nachweise über geringfügige Beschäftigung während der Bildungsmaßnahme
- Vorlage der Abschlusszeugnisse: Die Dokumente über die erfolgreiche Beendigung der Weiterbildung (Zeugnisse, Zertifikate o. Ä.) sind am Ende der Bildungskarenz dem Arbeitgeber und dem AMS vorzulegen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.
Quellen:
- AMS: Bildungskarenz: Weiterbildung mit Einkommen Link
- Portal der Arbeiterkammern: Bildungskarenz Link
- Wirtschaftskammer Österreich: Bildungskarenz Link
Dieser Beitrag erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Er dient unverbindlichen Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung im eigentlichen Sinne dar.