Teamwork der Zukunft: Mensch & Roboter
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Mensch und Roboter arbeiten zusammen. Sieht so die Zukunft der Raumfahrt aus?
Wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem Roboter deutlich komplexere Aufgaben übernehmen können als früher und dabei zunehmend auch direkt mit Menschen zusammenarbeiten. Das betrifft die Raumfahrt, aber auch terrestrische Bereiche wie den Gesundheitssektor und die Industrie. Bei der Produktion von Autos oder Flugzeugen kann der Roboter bei körperlich schweren Aufgaben bestimmte Teile halten, die der Mensch dann nur noch festschrauben muss. Das bedeutet aber auch, dass wir mit Blick auf die Sicherheit viel höhere Anforderungen an den Roboter stellen müssen. Eine der entscheidenden Fragen ist die, wie Menschen und Roboter in Zukunft miteinander interagieren und kommunizieren.
Der humanoide Assistenzroboter RH5 Manus arbeitet autonom, lässt sich aber mithilfe eines am DFKI Robotics Innovation Center entwickelten Exoskeletts auch aus der Ferne steuern. © DFKI / Annemarie Popp
Es gibt drei Ebenen der Sicherheit, die wir einbringen müssen. Die unterste Ebene ist die Hardware selbst. Bisher wurden Roboter für das Fließband eher auf Steifigkeit gebaut, damit das System bei möglichst wenig Schwingungen mit hoher Präzision arbeitet. Dies kann allerdings gefährlich werden, wenn der Mensch dem Roboter auf unvorhergesehene Weise zu nahe kommt. Wir müssen darum durch dämpfende Materialien, Federsysteme und Ähnliches für größere Nachgiebigkeit sorgen. Die zweite Ebene betrifft die Steuerung. Hier gilt es künftig statt der Positionsregelung die Kräfteregelung in den Vordergrund zu stellen. Das heißt: Der Roboter muss sofort nachgeben können, wenn eine externe Kraft auf ihn einwirkt. Dafür braucht es neben einer entsprechenden Software auch eine hochgradig sensible Sensorik. Auf der dritten Ebene geht es um externe Überwachungssysteme wie Kameras oder Laserscanner, welche den Arbeitsraum beobachten und den Roboter im Falle einer gefährlichen Situation abschalten. Die Entwicklung dieser Sicherheitsmechanismen ist weit fortgeschritten, aber es gibt durchaus noch Verbesserungspotenzial. Insbesondere was die Vorhersagefähigkeit des menschlichen Handelns angeht. Das ist wichtig, damit der Roboter schon früh antizipieren kann, was als Nächstes passiert.
Prof. Frank Kirchner (59) ist Inhaber des Lehrstuhls für Robotik an der Universität Bremen, Geschäftsführender Direktor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) Bremen sowie Leiter des dortigen Forschungsbereichs Robotics Innovation Center. Er entwickelt mobile Robotersysteme für verschiedene Anwendungen und hat sich international einen Namen als Experte für Robotik und Künstliche Intelligenz gemacht. © DFKI / Jürgen Mai
Zum einen haben wir große Fortschritte gemacht, indem wir auch hybride KIAlgorithmen eingesetzt haben, um die Regelung noch besser, schneller und nachgiebiger zu gestalten. Hybrid heißt in dem Zusammenhang, dass wir die klassischen modellbasierten Regelungskonzepte mit dem Ansatz des maschinellen Lernens verknüpft haben. Viele Parameter wie Temperatur, Reibung oder Alter und Zustand der Roboterbauteile verändern sich im Laufe der Zeit. Mithilfe von Machine Learning lassen sich solche Dynamiken nun antizipieren. Zum anderen sind wir durch die Analyse von Hirnströmen weitergekommen, was die zu erwartenden Handlungen des Menschen im Arbeitsraum anbelangt.
Auf der physischen Seite sind sie schon ziemlich weit, aber auch dort gibt es noch Verbesserungspotenzial, zum Beispiel was den Berührungssinn betrifft. Die größte Herausforderung ist aus meiner Sicht, dass wir zwar schon viele sehr gute KISysteme wie Bild, Text und Spracherkennung haben, diese aber bisher noch so etwas wie Inseltalente sind. Wir brauchen Lösungen, die diese einzelnen Leistungen miteinander verbinden und in ein komplexes Gesamtsystem einbetten.
In einem konkreten TransFITSzenario ging es beispielsweise darum, gemeinsam ein Solarpanel im Außenbereich einer Mondstation anzubringen, da das Panel für den Menschen zu schwer und in seinem Raumanzug auch zu unhandlich ist. Der Roboter hat es in die richtige Position gebracht und der Mensch musste nur noch korrigieren und fixieren. Dieser Prozess stößt allerdings dann an seine Grenzen, wenn der Mensch nicht ersetzbar ist, weil es für bestimmte Aufgaben immer Intuition, Vorstellungskraft und eine gewisse Art von Bewusstsein brauchen wird.
Auf Raumfahrtmissionen können Astronautinnen und Astronauten somit auch spontane Montageleistungen wie nicht eingeplante Reparaturen mit dem flexiblen 2, 3 und 4-FingerGreifsystem des Roboters umsetzen. © DFKI / Thomas Frank
Eine ganz enorme. Durch die Raumfahrt sind wir zu Technologieschritten gezwungen, die wir sonst nicht unbedingt gehen müssten. Der Reifegrad dieser Systeme muss deutlich höher sein als alles, was wir auf der Erde haben: Das betrifft zum Beispiel die Redundanz, also die Kompensation von Fehlfunktionen für erhöhte Ausfallsicherheit, die unter anderem bei selbstfahrenden Autos oder bei Robotern in der Medizin eine wichtige Rolle spielt. Auch hinsichtlich der Materialauswahl und Robustheit profitieren terrestrische Systeme wie etwa Feuerwehren oder das Technische Hilfswerk. Sie sehen also: Viele Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre waren nur unter dem Aspekt der Raumfahrttauglichkeit möglich. Und heute stehen sie zur Verfügung für terrestrische Anwendungen, auch in der Industrieproduktion.
Teilweise existieren sie bereits. Es gibt seit einiger Zeit die „Cobots“ – kollaborative Roboter, die in der industriellen Fertigung eingesetzt werden. Diese Zusammenarbeit wird künftig noch intensiver und komplexer werden. Wir hatten schon interessante Projekte mit Automobilbauern und Logistik Unternehmen, bei denen der Roboter schwere Lasten angehoben und der Mensch nur noch die Feinjustierung übernommen hat. Auch in der Rehabilitation waren wir bereits aktiv: Dabei ging es um Schlaganfallpatient:innen, die mithilfe eines Exoskeletts wieder nach einem Glas Wasser greifen oder von einem Stuhl aufstehen konnten. In solchen Bereichen stehen wir noch einen Schritt vor der Produktentwicklung, aber auf der Forschungsseite sind wir relativ weit. Wie sieht die Zukunft der Robotik aus? Es ist die Frage, wie weit das gehen soll. Wenn wir uns einen Roboter vorstellen, der verschiedene KIFähigkeiten in sich vereint und dabei eine lebensechte menschliche Hülle bekommt, wäre dieser irgendwann kaum noch von einem Menschen zu unterscheiden. Es gibt das sogenannte UncannyValleySyndrom, das besagt: Je ähnlicher die Gestalt der Maschine einem Menschen kommt, ohne ihn dabei perfekt in Optik und Verhalten zu imitieren, desto unheimlicher wird ihm das System. Ich würde nicht ausschließen, dass wir in einigen Jahren humanoide Roboter haben, die
uns sehr nahekommen. Diese werden aber baulich immer noch als Roboter zu erkennen sein – alles andere würde uns Menschen Angst bereiten.
Es ist die Frage, wie weit das gehen soll. Wenn wir uns einen Roboter vorstellen, der verschiedene KIFähigkeiten in sich vereint und dabei eine lebensechte menschliche Hülle bekommt, wäre dieser irgendwann kaum noch von einem Menschen zu unterscheiden. Es gibt das sogenannte UncannyValleySyndrom, das besagt: Je ähnlicher die Gestalt der Maschine einem Menschen kommt, ohne ihn dabei perfekt in Optik und Verhalten zu imitieren, desto unheimlicher wird ihm das System. Ich würde nicht ausschließen, dass wir in einigen Jahren humanoide Roboter haben, die uns sehr nahekommen. Diese werden aber baulich immer noch als Roboter zu erkennen sein – alles andere würde uns Menschen Angst bereiten.
Text: AnneKatrin Wehrmann