chemieingenieur-verfahrenstechnik
Karriere
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Die Chemiebranche befindet sich im stetigen Wandel und vollzieht derzeit eine rasante Entwicklung von der Chemie 3.0 hin zur Chemie 4.0. Treiber des Wandels sind neben der fortschreitenden Digitalisierung der Produktions- und Vertriebsprozesse, Themen wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit sowie die Etablierung in sich geschlossener Stoffkreisläufe.
Als Wachstumsmotor und wichtiger Zulieferer, sind ganze Industriezweige von den Produkten und dem Know-how der Chemiebranche abhängig. Ihre Stärke fußt dabei zu einem großen Teil auf ihrer Innovationskraft sowie ihre Investitionen in Forschung und Lehre. Hinzu kommt, dass die chemische Industrie von einem starken Industrienetzwerk profitiert und eng mit Unternehmen kooperiert, die auf chemische Zwischen- und Endprodukte angewiesen sind. Nicht zuletzt ist die chemische Industrie aufgrund des hohen Lohnniveaus eine attraktive Branche für hervorragend ausgebildete Mitarbeiter aus dem In- und Ausland.
Die zunehmende Digitalisierung in nahezu allen Branchen zieht sich wie ein roter Faden durch die Wirtschaft. Auch in der chemischen Industrie stellt sie die mit Abstand größte Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass die Branche bereits vor der Corona-Pandemie mit der Aufrechterhaltung von Lieferketten, Rohstoff-Engpässen sowie einer De-Globalisierung des Welthandels zu kämpfen hatte. Ein weiterer Punkt, der die Leistungsfähigkeit der gesamten Branche auf den Prüfstand stellt, sind die von der Politik geforderten, strengeren Umweltrichtlinien. So wird auch die chemische Industrie nicht umhinkommen, CO2-Emissionen zu senken, energieeffizienter zu produzieren und zu transportieren.
Bereits jetzt und auch in Zukunft werden Nachhaltigkeitsthemen mit großen Investitionen in zirkuläre Wirtschaftskonzepte wie Recycling, nachwachsende Rohstoffe sowie erneuerbare Energien wichtige Trends und Wachstumstreiber für die Branche sein. Auch wenn die Chemie-Industrie nach wie vor einer der größten Teilnehmer auf dem globalen Weltmarkt ist, werden lokale Investitionen zunehmend wichtig. Die Branche investiert kräftig in Start-Ups und regionale Produktionsanlagen. Das Ziel ist es, Lieferketten und Vertriebsketten auf ein breiteres Fundament zu stellen und sich weniger abhängig von Zulieferern aus dem Ausland zu machen.
Die Chemische Verfahrenstechnik ist maßgeblich dafür verantwortlich, die im Labor geleistete Grundlagenforschung in den Produktionsprozess zu überführen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einem Scale-up-Prozess, da die Verfahrens- oder auch Reaktionstechnik dafür verantwortlich ist, den Labormaßstab auf einen technischen Maßstab zu übertragen. Hier spielt das grundsätzlich auf eine hohe Interdisziplinarität ausgelegte Studium im Bereich des Chemieingenieurwesens auch seine Stärken aus. Denn Chemieingenieure mit dem Schwerpunkt Verfahrenstechnik verfügen nicht nur über weitreichende Kenntnisse chemischer Prozesse, sondern sind auch mit den Aspekten der Ingenieurwissenschaften bestens vertraut. Das ist auch ein Grund, weshalb die Verfahrenstechnik für die Planung, Konstruktion und den Betrieb von (Pilot)anlagen in der Chemieindustrie so wichtig ist.
Chemieingenieure der Verfahrenstechnik beschäftigen sich in erster Linie damit, wie Materialien und Chemikalien im technischen Maßstab erzeugt und/oder umgewandelt werden. Als wichtiges Bindeglied zwischen Chemie und Industrie (z. B. Maschinen- und Anlagenbau) sind sie damit befasst, Verfahren und Produktionsanlagen zur Herstellung von Werkstoffen und Materialien zu entwerfen, weiterzuentwickeln und in Betrieb zu halten.
Dank der interdisziplinären Ausbildung, mit Schnittpunkten zur Chemie, Physik, Mathematik und zu den Ingenieurwissenschaften, nehmen Chemieingenieure für Verfahrenstechnik eine Sonderstellung in der chemischen Industrie ein. Als Allrounder mit Chemie- und ingenieurwissenschaftlichen Kenntnissen steht ihnen ein breites Spektrum an Arbeitsstellen offen. Allein die Life Science-Branche bietet unzählige Möglichkeiten für Chemieingenieure für Verfahrenstechnik. Egal, ob in der Petro-Chemie im Bereich neuer Raffinerieverfahren geforscht, eine effiziente Methode zur Schadstoffreduktion im Abwasser benötigt wird oder eine neue Technik zur Lebensmittelkonservierung etabliert werden soll: Chemieingenieure für Verfahrenstechnik sind in nahezu allen Branchen beschäftigt, die Produkte des täglichen Bedarfs herstellen.
Um ein Studium des Chemieingenieurwesens für die Verfahrenstechnik oder der Technischen Chemie zu beginnen, ist je nach Standort ein mehrwöchiges Praktikum in der Industrie verpflichtend - entweder im Vorfeld des Studiums oder im Rahmen eines Semesterpraktikums. Während des Studiums stehen üblicherweise auch Studienprojekte sowie Exkursionen auf dem Lehrplan. Je nach Universität oder Hochschule, sind den Studiengängen Chemieingenieurwesen, Technische Chemie oder Verfahrenstechnik unterschiedliche Studienfelder zugeordnet. So haben Studierende auch die Möglichkeit, sich im Laufe des Studiums auf einen Teilbereich der Verfahrenstechnik zu spezialisieren – etwa Metallurgie oder Biochemie. Vor allem im Nachbarland Deutschland gibt es ein breit gefächertes Angebot an Studiengängen in diesem Bereich.
Ein enormer Vorteil von Chemieingenieuren für Verfahrenstechnik ist das praxisorientierte Studium. Es ermöglicht den Absolventen in verschiedensten Arbeitsfeldern Fuß zu fassen. Unter anderem unterstützen sie Unternehmen bei der Inbetriebnahme von chemischen und pharmazeutischen Anlagen, verfassen Inbetriebnahme-Anweisungen und sind verantwortlich für die gesamte Dokumentation der Anlagen und Prozesse. Des Weiteren fungieren sie als wichtiger Ansprechpartner für Projektleiter, beteiligte Abteilungen im Unternehmen, Lieferanten sowie externe Dienstleister. Sie sind somit einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für den Bereich Anlagenbau und Verfahrenstechnik - von der Planung über die Konstruktion und Inbetriebnahme, bis zur Produktion von Endprodukten. Auf der anderen Seite können sie auch in der Forschung und Entwicklung oder Sicherheitstechnik tätig werden.
Chemieingenieure für Verfahrenstechnik haben ein Studium des Bio-, Chemieingenieurwesens oder der Verfahrenstechnik erfolgreich abgeschlossen. Idealerweise verfügen sie über einige Jahre Berufserfahrung oder haben Praxiserfahrungen in der Chemieindustrie durch Praktika oder eine Werkstudententätigkeit gesammelt. Eine weitere Grundvoraussetzung sind sehr gute Englischkenntnisse, ein hohes Maß an Engagement, sowie eine ausgeprägte Kommunikationsstärke.
Die österreichische Chemiebranche ist ein wichtiger Industriezweig des Landes und Impulsgeber für Innovationen in zahlreichen weiteren Wirtschaftszweigen1. Somit bietet sie ein breites Spektrum an Einsatzgebieten. Insbesondere Chemie- und Verfahrensingenieuren bieten sich auf diesem Markt nahezu unbegrenzte Karriereperspektiven. Es zahlt sich aus, dass die interdisziplinären Studiengänge des Chemieingenieurwesens und der Verfahrenstechnik eine Spezialisierung auf die jeweils zukunftsträchtigste Chemiebranche erlauben. Somit stehen einem Chemieingenieur auch in einem Unternehmen sämtliche Karrierewege offen: vom Verfahrenstechniker in der Pharmaindustrie, über den Produktionsleiter bei einem Biotech-Unternehmen, bis hin zum CEO eines Automobilzulieferers.
Anders, als in anderen Branchen üblich, ist für die Bewerbung meist kein kreatives Anschreiben notwendig. Die Chemiebranche ist eher technisch-konservativ geprägt, sodass Chemieingenieure vor allem formelle Vorgaben beachten sollten. Ein Muss ist ein strukturierter und idealerweise lückenloser Lebenslauf. Hinzu kommt, dass ein Chemieingenieur der Verfahrenstechnik insbesondere nach dem Notendurchschnitt, Art des Abschlusses (Master, Bachelor) und dem Spezialisierungsgebiet im Studium beurteilt wird. Auch sind sehr gute EDV und Sprachkenntnisse, etwa ein verhandlungssicheres Englisch, von Vorteil. Entsprechende Nachweise, wie das Zertifikat eines TOEFL-Tests oder ein mehrmonatiger Auslandsaufenthalt, gehören in jede Bewerbung.
1. Die chemische Industrie gehört zu den größten und bedeutendsten Industriebranchen in Österreich. FCIO - Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs. Abrufdatum: 02.12.2021 (Link)