Der Begriff Bioprinting beschreibt eine Sonderform des 3D-Drucks, bei dem organische Erzeugnisse produziert werden. Bekannte, aber teilweise noch in der Erprobung befindliche Anwendungsgebiete sind die Medizin und die Lebensmittelindustrie. Als wegweisendes Ziel der Medizinbranche gilt die schichtweise Fertigung von funktionstüchtigen Organen als Ersatz für eine Transplantation.

Wie funktioniert Bioprinting?

Bioprinting basiert auf dem Konzept, aus organischen Substanzen schichtweise dreidimensionale Objekte anzufertigen. Damit gleicht das Prinzip dem traditionellen 3D-Druck, nur dass hier keine traditionellen Werkstoffe wie Metall, Kunststoff oder Polymerpulver, sondern z. B. Zellmaterial verwendet werden.

 

Um aus organischen Grundstoffen eine komplexe Struktur herzustellen, ist eine ganze Reihe an Parametern zu beachten. So darf die Temperatur beispielsweise nicht zu hoch sein, andernfalls würden Proteine denaturieren.

 

Etwas vereinfacht ausgedrückt wird der Biodrucker mit den „Baustoffen“, also Zellen o. Ä. bestückt und baut daraus nach einem zuvor festgelegten Bauplan eine komplexe, dreidimensionale Struktur, z. B. ein Organ. Wie beim industriellen 3D-Druck geschieht dies durch eine additive, schichtweise Fertigung.

Wie sieht der Bioprinting-Prozess im Detail aus?

Den Anfang markiert die „Bauplanung“. Das bedeutet, es wird mittels bildgebender Verfahren ein genauer Scan dessen angefertigt, was gedruckt werden soll. Am Beispiel eines Organs wäre dies z. B. ein MRT. Andere zelluläre Strukturen werden zur besseren Veranschaulichung durch eine Flüssigkeit transparent gemacht. Anschließend werden diese mittels Hochleistungsmikroskop und Laserscanner abgetastet, sodass ein hochpräzises, dreidimensionales Computermodell entsteht, das wiederum als Bauplan für den späteren Druckvorgang fungiert. 

Ebenfalls ist es notwendig, die Zellen der gewünschten Struktur in einer Nährlösung zu vermehren, sodass das „Baumaterial“ für den späteren Druckvorgang mengenmäßig ausreicht. Das Zellmaterial wird anschließend in ein Polymergel gegeben. Der Biodrucker fertigt dann aus dem Zell-Polymer-Gemisch schichtweise die Struktur, die zuvor als Modell festgelegt und als Schablone in den Drucker eingespeist wurde. 

In welchen Bereichen wird Bioprinting verwendet?

Die bekanntesten Beispiele finden sich in der Medizin. Hier lautet das erklärte Ziel der Forscher, funktionstüchtige Organe herzustellen. Zwar ist die Branche noch nicht so weit, funktionstüchtige Körperteile herzustellen, Prototypen wurden aber bereits durch Bioprinting erzeugt. Schon 2019 gelang es Wissenschaftlern, ein kleines menschliches Herz zu drucken.
 
Gelenkimplantate aus dem 3D-Drucker sind längst Realität, doch auch hier könnte das Bioprinting eine neue Ära einläuten, indem künftig Prothesen aus körpereigenen Zellen angefertigt werden. 
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Lebensmittelindustrie. Ebenfalls noch im experimentellen Stadium ist es Forschern bereits gelungen, aus Proteinkleber und Muskelzellen Fleisch zu drucken. Aufgrund der immensen Kosten ist ein großflächiger Einsatz zwar noch nicht möglich, perspektivisch könnte die Massentierhaltung dank Bioprinting auf diesem Weg aber irgendwann obsolet werden. 
Auch die Biologie nutzt Bioprinting zur Herstellung und genaueren Erforschung von Geweben und Organismen. 

Welche Vorteile hat Bioprinting für die Medizinbranche?

Bioprinting ermöglicht es der Medizinbranche perspektivisch, jedem Patienten ein Höchstmaß an individueller Behandlung zukommen zu lassen. Ein Patient würde etwa ein Organ erhalten, welches von der Form her genau zu ihm passt. Zudem könnten Blutgefäße, Muskeln oder sonstige Gewebe passgenau hergestellt und dem Patienten eingepflanzt werden.

Von großem Vorteil wäre auch, in der Zukunft vollständig auf Organtransplantationen verzichten zu können. Lebendspenden, die ebenfalls mit umfangreichen und mitunter riskanten Eingriffen verbunden sind, würden ebenso entfallen wie die chronische Unterversorgung mit passenden Spenderorganen. Das Problem der Abstoßungsreaktionen dürfte an Bedeutung verlieren.

Bioprinting könnte es der medizinischen Forschung sogar ermöglichen, vollends auf Tierversuche zu verzichten. Wirkungen auf Organsysteme, für die bisher Tiere herangezogen werden müssen, könnten so gezielt anhand gedruckter Strukturen getestet werden. Bereits heute spielt Bioprinting eine wichtige Rolle in der klinischen Forschung: So wurde für die Entwicklung des russischen COVID-19-Impfstoffs Sputnik auf Bioprinting gesetzt.

Wie sieht die Zukunft von Bioprinting aus?

Wenigen Forschungsfeldern wird ein derart großes Potenzial vorausgesagt wie dem Bioprinting. Die Grundlagenforschung wird massiv gefördert, eben weil das Verfahren viele Probleme der aktuellen Zeit (Tierversuche, Massentierhaltung, zu wenige Spenderorgane) lösen könnte.
Gleichzeitig wird sich die Bioprinting-Branche künftig vermehrt ethischen Fragen widmen müssen. Denn so sehr das Herz aus dem Drucker herbeigesehnt wird, so groß ist die Angst vor dem „gedruckten Menschen“. Zusammenfassend ist mit zahlreichen bahnbrechenden Entwicklungen in dieser Branche zu rechnen.

Welche Berufe beschäftigen sich mit Bioprinting?

Bioprinting vereint biologisch-medizinische Berufe mit solchen aus dem Ingenieurswesen und der Informationstechnik. Schon heute beschäftigen sich Ärzte und Biowissenschaftler gemeinsam mit 3D-Druck-Experten und Ingenieuren mit dem Thema Bioprinting. Weil ein Bioprinter mit unzähligen Informationen versorgt werden muss, sind auch Biomathematiker und Bioinformatiker entscheidend an dem Thema beteiligt.

 

Eine Kernkompetenz kommt Wissenschaftlern zu, die sich mit Tissue Engineering beschäftigen. Die Medizin der Zukunft setzt vermutlich vermehrt auf das künstliche Nachzüchten von Geweben und den Druck komplexer Strukturen.

 

Künftig dürften daher Berufe entstehen, die heute noch gar nicht existieren. Denkbar sind neue medizinische Fachrichtungen, eigene Studiengänge zum Bioprinting oder gar neue Felder im Bereich bildgebende Verfahren und Informationsverarbeitung.

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